Schäden bei den Tieren
Die nicht art- und verhaltensgerechte Haltung vieler Tiere wirken sich immer auf deren Gesundheit aus.
Körperliche Schäden
Regelmäßig stellen wir einen Befall mit Endo- und Ektoparasiten sowie Hauterkrankungen (z.B. Ekzeme) und unterschiedliche Entzündungen fest. Die Tiere sind meist ungepflegt und oft dreckig, durch Mangel- oder Fehlernährung über- oder untergewichtig, weisen zu lange Krallen oder starken Zahnstein auf. Wir haben auch schon Hunde von Tiermessies gerettet, die stark abgeschliffene Zähne hatten, da sie vor Hunger auf Steinen herumgenagt haben. Verletzungen aufgrund von Auseinandersetzungen sind ebenfalls an der Tagesordnung, da beengte Haltungen zu Stress und Aggression führen.
Einige Probleme lassen sich durch intensive tierärztliche Behandlung beheben. Die teilweise über viele Jahre hinweg andauernde schlechte Haltung ohne tiermedizinische Betreuung kann aber auch zu dauerhaften gesundheitlichen Problemen bzw. zu irreversiblen körperlichen Beeinträchtigungen führen. Manchmal kommt die Hilfe auch zu spät und das Tier kann nur noch erlöst werden.
Regelmäßig sehen wir unbehandelte Augenkrankheiten, die zum Erblinden führen oder die Entfernung des Auges erforderlich machen. Wenn Tiere in ihren Ausscheidungen leben müssen, führen vor allem bei Kaninchen die Ammoniakdämpfe aus dem Harn der Tiere zu teilweise irreparablem Hornhautschäden.
Bei Katzen haben wir es häufig mit chronischem Katzenschnupfen zu tun, bei Hunden hatten wir schon Tiere mit Senkrücken und deformierten Beinen aufgrund von Fehlernährung (meist Schlachtabfälle) in Kombination mit einer Haltung im Dunkeln.
Tiere mit chronischen Ohrenentzündungen infolge eines unbehandelten Befalls mit Ohrmilben können so starke Verwachsungen aufweisen, dass die Ohren sogar mitsamt der Gehörgänge entfernt werden müssen.
Auch bei Animal Hoarding- Fällen mit Pferden sind die Tiere fast immer fehl- oder mangelernährt und häufig klapperdürr. Durch ungeeignetes Futter wie Kuchen und Brot kommt es oft zu Stoffwechselproblemen, die sich unter anderem durch Hauterkrankungen oder als Hufrehe zeigen. Die geschwächten Körper sind außerdem entsprechend anfällig für Parasiten wie Milben oder Würmer. Bei letzterem haben die ansonsten sehr mageren Pferde dann häufig einen aufgeblähten sogenannten Würmerbauch. Fehlendes oder unzureichendes Raufutter führt auch oft zu Zahnproblemen wie Haken an den Backenzähnen.
Die dauerhaft unterlassene Hufpflege führt außerdem zu Huffehlstellung, die manchmal durch jahrelange huforthopädische Maßnahmen korrigiert werden können, teilweise jedoch irreversiblen sind.
Stehen Huftiere dauerhaft im Matsch, der noch dazu mit Kot und Urin vermischt ist, kann es zu Huf- und Fesselproblemen wie beispielsweise Mauke (bakterielle Hautentzündung in der Fesselbeuge) oder Strahlfäule (bakterielle Erkrankung des Hufes) kommen.
Bei Schafen kommt es aufgrund der fehlenden jährlichen Schur oft zu Hautkrankheiten und im Sommer droht der Hitzetod.
Bei Vögeln von Tiermessies wird oft ein starkes Schnabelwachstum, eventuell verursacht durch eine Leberfunktionsstörung oder einen Nährstoffmangel, festgestellt, wodurch die Tiere nur noch eingeschränkt zur Nahrungsaufnahme fähig sind und daher bis auf die Knochen abmagern. Daneben sind Vögel sehr häufig von Parasiten wie Milben, Federlingen und Trichomonaden befallen. Die hoch infektiöse Trichomoniasis kann zu einer heftigen Infektion des Kopfes und unbehandelt letztendlich zum Tode durch Verhungern führen.
Seelische Schäden
Vor allem Hunde und Katzen aus Animal Hording- Fällen sind in der Regel traumatisiert. Das Leben auf engstem Raum mit zahlreichen Artgenossen, teilweise auch noch in geschlossenen dunklen Räumen, verursacht Angst und Streß und führt unweigerlich zu Verhaltensauffälligkeiten. Je nach Charakter und Stellung in der Gruppe werden die Tiere entweder extrem ängstlich oder aggressiv gegenüber Artgenossen und auch Menschen.
In ausufernden Haltungen werden Tiere meist sich selbst überlassen. Streicheln, Fellpflege, Gassigehen oder Erziehung findet in der Regel nicht statt. Die Betreuung reduziert sich auf die lebenserhaltende Fütterung. An Menschen kaum gewöhnt, sind viele Betroffene nach der Rettung extrem schreckhaft und ängstlich. Alles ist unbekannt und daher bedrohlich. Spazierengehen muss erst langsam und mit Hilfe eines Hundetrainers erlernt werden.
Auch bei Pferden haben wir vor allem bei großen Animal Hoarding-Fällen das Problem, dass die Tiere stark verwildert sind. Wenn eine Herde über viele Jahre hinweg auf der Weide ohne Betreuung lebt, sind die Tiere etwa nach einer Beschlagnahmung extrem schwer vermittelbar. Sie zeigen Verhaltensauffälligkeiten im Handling, sind meist nicht reitbar und teilweise auch unberechenbar und daher für Menschen potentiell gefährlich.
Bei dauerhaft eingesperrten Pferden oder anderen Huf- und Klauentieren ohne jeglichen Auslauf hatten wir schon Verhaltensstörungen wie Koppen, Zungenrollen, Kauen an Gitterstangen oder stereotypes Hin- und Herwiegen des Kopfes, wie man das zum Beispiel bei Elefanten im Zoo häufig beobachten kann (das sogenannte Weben).
Meist sind Hunde und Katzen von Tiermessies nicht stubenrein. Auch behalten sie ihre ständige Suche nach Fressen, dessen sekundenschnelles Herunterschlingen sowie einen extremen Futterneid noch eine ganze Zeitlang nach der Rettung bei.
Tests machen Verhaltensstörungen sichtbar
Die seelischen Schäden, die Animal Hoardern den Tieren zufügen, sind teilweise gravierend und werden viel zu wenig beachtet. Mit Unterstützung der hessischen Landestierschutzbeauftragten Frau Dr. med. vet. Madeleine Martin haben wir in dem großen „Animal Hoarding Fall Vitzeroda“ mit mehreren Hunden Verhaltenstests durchgeführt und die Aufzeichnungen dem Richter übergeben, der den Prozess gegen die Verantwortliche Marietta P. führte. Diese Videos wurden als Beweise für die Leiden und Schäden gewertet, die Frau P. den Tieren zufügte und trugen maßgeblich zu ihrer Verurteilung bei.